Die Umweltprobleme in Venezuela

Armenviertel (Barrios) Caracas Venezuela
Armenviertel (Barrios) Caracas Venezuela Bild: Christian Madsen CC BY-SA 3.0

Obwohl Venezuela in den Schlagzeilen oft mit politischen Krisen, Inflation und Migration in Verbindung gebracht wird, bleibt ein Thema erstaunlich unterbeleuchtet: die massiven Umweltprobleme des Landes. Abholzung im Amazonas, Ölverschmutzungen, illegale Goldminen und der Verlust einzigartiger Ökosysteme werden zwar vereinzelt erwähnt, jedoch selten umfassend recherchiert und erklärt. Dabei haben diese Entwicklungen dramatische Folgen – nicht nur für die Natur, sondern auch für die Gesundheit, Kultur und Lebensgrundlagen von Millionen Menschen. Es ist höchste Zeit, den Blick auf diese unterschätzte Krise zu richten.

Illegale Goldminen, Abholzung und Umweltzerstörung

Unter den Amazonasstaaten erlebt Venezuela den höchsten Anstieg der Abholzung, der maßgeblich durch illegale Goldminen in Schutzgebieten wie dem Arco Minero del Orinoco angetrieben wird. Zwischen 2016 und 2020 gingen 140.000 Hektar verloren, es gab über 3.700 Minenstandorte. Auch der Gran-Sabana-Bereich ist betroffen, einschließlich des Canaima-Nationalparks und sogar in der Nähe der berühmten Angel-Fälle. Hinzu kommt die giftige Quecksilberbelastung von Wasser, Erdreich und der Gesundheit der indigenen Bevölkerung: So weisen etwa 92 % der indigenen Frauen im Caura-Flussgebiet erhöhte Quecksilberspiegel auf.

Ölverschmutzungen und ökologische Schäden

Im Dezember 2023 kam es in der Raffinerie El Palito zu einem Ölleck, das eine massive Kontamination der Küste bei Puerto Cabello verursachte. Die Verschmutzung betraf auch den Morrocoy-Nationalpark und führte zu Fischverboten sowie zum Einbruch der Fischerei- und Tourismusbranche. Ölverschmutzungen, marode Industrieanlagen und die Vernachlässigung der Infrastruktur gelten generell als chronische Umweltbedrohung.

Wald- und Feuernotfälle durch Klimawandel

In Venezuela kommt es zu einem Anstieg von Waldbränden, vor allem in der Region Amazonien. In den ersten Monaten des Jahres 2024 wurden über 30.200 Feuerpunkte registriert. Diese wurden durch El Niño, Trockenperioden und fehlende Vorsorgemaßnahmen verstärkt. Solche Brände zerstören Lebensräume und belasten ganze Regionen zusätzlich.

Zerstörung fragiler Ökosysteme durch Tourismusprojekte

Der Ausbau von Flughäfen, Hotels und Infrastruktur in ökologisch sensiblen Gebieten wie den Inseln Los Roques und La Tortuga schädigt Korallenriffe, Mangroven und Schildkrötenbrutplätze. Umweltorganisationen kritisieren die oft illegalen und unregulierten Projekte, bei denen kurzfristiger Profit über langfristigen Naturschutz gestellt wird.

Fehlende Regulierung und Menschenrechtsverletzungen

Erst die staatliche Öffnung des Arco Minero im Jahr 2016 hat den illegalen Bergbau richtig wachsen lassen. Der Abbau erfolgt häufig ohne Umweltprüfungen, in Schutzgebieten und unter Einsatz von Gewalt gegen betroffene Gemeinden. Zwischen 2016 und 2020 starben mehr als 149 Menschen im Minenbereich, darunter viele Kinder. Dies führt gleichzeitig zu Vertreibung, Binnenmigration, mangelnder Versorgung und Abhängigkeit der lokalen Bevölkerung.

Venezuela steht somit vor einer tiefgreifenden Umweltkrise, die verschiedene Ursachen kombiniert: von illegalem Ressourcenraubbau und Rohstoffabhängigkeit über unkontrollierte Infrastrukturentwicklung bis hin zu verheerenden Klimafolgen. Die Konsequenzen reichen weit über ökologische Verluste hinaus: Sie gefährden die Gesundheit, Kultur und Zukunft indigener Gemeinschaften und ländlicher Regionen.

Ein nachhaltiger Wandel verlangt internationale Zusammenarbeit, eine wirksamere Umweltpolitik, Respekt für indigene Rechte und radikale Reformen in den Sektoren Bergbau und Tourismus.